2010-10-06

Zur Rede des Bundespräsidenten: Der Islam gehört nicht zu Deutschland - Glaube und Unglaube - Kultur - Tagesspiegel

Zur Rede des Bundespräsidenten: Der Islam gehört nicht zu Deutschland - Glaube und Unglaube - Kultur - Tagesspiegel

2 Kommentare:

  1. Mich befremdet die Wortwahl: "Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. [...] Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland."
    Schon in theologischem Verständnis "gehört" das Christentum zu keinem Land, zu keinem Staat, zu keinem Volk. Darüber hinaus ist es politisch höchst bedenklich, wenn nicht gefährlich, eine solche Zuordnung vorzunehmen. Sie ist zudem religionsgeschichtlich unbedarft und wird durch einen Blick auf die gegenwärtige lebenskulturelle Wirklichkeit Lügen gestraft.
    Deutschland ist nicht "christlich", und das Christentum ist ebenso wenig deutsch wie russisch oder US-amerikanisch. Beiderlei Attribuierungen sind aus christlicher Sicht nichts als idyllische oder sonstwie eingebildete Instrumentalisierungen.

    Über das Deutsche des Judentums und des Islam sowie über das Jüdische und das Islamische des Deutschen lässt sich analoge Kritik anstellen. Am ehesten könnte vom Judentum gesagt werden, es sei einem Volk, einem Land oder einer Kulturnation zuzuordnen; aber selbst diese Zuordnung ist sehr zweifelhaft, zwielichtig und problematisch.

    Wenn Wulff gemeint haben sollte, dass es deutsche Christen und christliche Deutsche, deutsche Juden und jüdische Deutsche, deutsche Muslime und muslimische Deutsche gibt, hätte er es so sagen sollen; gegen eine solche Tatsachenfeststellung - die übrigens durch die Erwähnung beispielsweise deutscher nichtreligiöser Humanisten und nichtreligiös-humanistischer Deutscher ergänzt werden könnte - wäre überhaupt nichts einzuwenden.

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  2. Die kulturellen christlichen Wurzeln Deutschlands - wo liegen sie historisch? Bei Chlodwig I.? Bei Karl dem Großen? Was sind ihre Kennzeichen? Worin manifestierten sie sich in den einzelnen Epochen der deutschen Geschichte? Wie sind sie, was ihre Auswirkungen auf das leibliche Wohlergehen und die geistigen Entwicklungsmöglichkeiten der Deutschen betrifft, zu bewerten? Ist es nicht eigentlich nur ihr säkular-humanistisches Derivat, das sich geistesgeschichtlich und politisch-kulturell als ersprießlich erwies? Und sind nicht auch die jüdischen und islamischen Einflüsse auf die Kulturgeschichte unter eben diesen Fragen zu betrachten?
    Was dem orthodoxen Muslim die Hinwendung zur Scharia ist, ist dem strengen Katholiken die Orientierung am Syllabus Errorum, dem Radikalevangelikalen die Orientierung an der Apokalypse und dem orthodoxen Juden die theopolitische Erwartung des Messias. Was all diesen (und manch anderen) politreligiösen Bestrebungen nottut, ist die Zähmung in säkular verfassten Gesellschaften.

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