Wer nicht denken kann, glaubt. Wer Angst vor dem Denken hat, glaubt. Wer glaubt, denken zu können, glaubt. Und das glauben fast alle.
Karlheinz Deschner
Ein Wortspiel mit recht amüsanter Pointe. Freilich geht der militante Atheist Deschner hier vor die Kantsche Kritik bezüglich des Denkens und des Fürwahrhaltens zurück.
»Wahrheit ist objektive Eigenschaft der Erkenntnis; das Urteil, wodurch... etwas als wahr vorgestellt wird — die Beziehung auf einen Verstand und also auf ein besonderes Subjekt — ist subjektiv das Fürwahrhalten. [...]
Das Glauben oder das Fürwahrhalten aus einem Grunde, der zwar objektiv unzureichend, aber subjektiv zureichend ist, bezieht sich auf Gegenstände, in Ansehung deren man nicht allein nichts wissen, sondern auch nichts meinen, ja auch nicht einmal Wahrscheinlichkeit vorwenden, sondern bloß gewiß sein kann, daß es nicht widersprechend ist, sich dergleichen Gegenstände so zu denken, wie man sie sich denkt. Das übrige hierbei ist ein freies Fürwahrhalten, welches nur in praktischer a priori gegebener Absicht nötig ist, — also ein Fürwahrhalten dessen, was ich aus moralischen Gründen annehme und zwar so, daß ich gewiß bin, das Gegenteil könne nie bewiesen werden.
Sachen des Glaubens sind also
I) keine Gegenstände des empirischen Erkenntnisses.[...]
II) auch keine Objekte des Vernunfterkenntnisses (Erkenntnisses a priori), weder des theoretischen, z. B. in der Mathematik und Metaphysik; noch des praktischen in der Moral. [...]
III) Nur solche Gegenstände sind Sachen des Glaubens, bei denen das Fürwahrhalten notwendig frei, d. h. nicht durch objektive, von der Natur und dem Interesse des Subjekts unabhängige, Gründe der Wahrheit bestimmt ist.«
I. Kant: Logik (1800)
Ohne Glauben - als "objektiv unzureichendes, aber subjektiv zureichendes Fürwahrhalten" - , wäre das Denken (und Erleben und Handeln) des Menschen ohne Bezug zu seinem (immer subjektiven) Selbst, das sich mit Vertrauen, Zuversicht und Hoffnungen in der Welt zu verankern sucht.
Dass mich mein Schatz (der mich vor einem Jahrzehnt hier zurückgelassen hat) liebte, stand für mich nicht auf Grund von Denkprozessen fest, auch nicht auf Grund von Erfahrenem, sondern auf Grund meines Glaubens an ihn.
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