2013-10-15

Gespräch über die Ökumene

Im Gespräch: Stadtdekan Johannes zu Eltz und Pröpstin Gabriele Scherle
Scherle: Ich möchte eine Kirchengemeinschaft, in der sich Kirchen unterschiedlicher Traditionen gegenseitig anerkennen. Einfach ist das nicht. Wir haben aus theologischen Gründen nun einmal ein anderes Kirchenverständnis als die Katholiken, eine andere Vorstellung davon, wie der Mensch vor Gott steht, eine andere Individualethik.
Eltz: Und wenn wir von dort aus nach unseren Ursprüngen fragen, dann werden wir uns wieder treffen, aber eben nicht in versöhnten Kirchen, die institutionell voneinander unabhängig sind, sondern in einer gemeinsamen Kirche mit lebendigen Verschiedenheiten.
Scherle: Ja, ja, wir sollen zurückkommen nach Rom.
Eltz: (lacht) Mein Langzeitprojekt ist die theologisch begründete Delegitimierung evangelischer Kirchlichkeit durch die Integration reformatorischer Elemente in die katholische Kirche. Zum Beispiel ist das „Priestertum aller Gläubigen“ so katholisch wie es evangelisch ist.
Scherle: Im Ernst?
Eltz: Ja, sicher! Die zentrale Gestalt der Kirche ist der Laie, der zum Gebrauch seiner Gaben gekommen ist, nicht der geweihte Priester, der ihm dabei behilflich sein soll. Zu meinen, bei uns würden die Hierarchen auf dem Schild durchs Dorf getragen, ist ein Missverständnis, das überwunden werden muss.
Scherle: Aber es ist doch so, dass die Menschen nach katholischem Verständnis zum Heil die Priester brauchen. Wir brauchen sie nicht.
Eltz: Ihre Kirche braucht die priesterlichen Dienste auch – in der Verwaltung der Sakramente und der Verkündigung des Wortes Gottes.
Ausschnitt aus: FAZ.net, 14.11.2010: Im Gespräch: Gabriele Scherle und Johannes zu Eltz

2013-10-09

Ausbeutung ist christlich; Sklave sein ist unnütz

Die Apostel baten den Herrn: Stärke unseren Glauben! Der Herr erwiderte: Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerbaum hier sagen: Heb dich samt deinen Wurzeln aus dem Boden und verpflanz dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.
Wenn einer von euch einen Sklaven hat, der pflügt oder das Vieh hütet, wird er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Nimm gleich Platz zum Essen? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich und bediene mich; wenn ich gegessen und getrunken habe, kannst auch du essen und trinken.
Bedankt er sich etwa bei dem Sklaven, weil er getan hat, was ihm befohlen wurde?
So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.
Lukas 17, 5-10 (eine der biblischen Murks-Stellen)

2013-01-24

Gottesbild

Glauben — als personaler Akt des Fürwahrhaltens und nicht als Gegenstand einer Katechese — ist immer ein bewusstes, mehr oder weniger elaboriertes Interpretieren einer hinreichend tief erlebten Beziehung, sei es, dass sie von außen, etwa von einer Offenbarung, gestiftet ist, sei es, dass sie einem Seelenbedürfnis entspringt. Dem, worauf es sich bezieht, fügt dieses Ausdeuten immer etwas, nämlich Eigenes, hinzu, wie es von dem, worauf es sich bezieht, auch einiges unterdrückt. Das galt gewisslich auch für Abraham und Mose und die Hirten auf dem Feld bei Bethlehem und jeden einzelnen Jünger Jesu und jeden einzelnen Kirchenvater und für Mohammed und für Meister Eckhart und für die große und die kleine Thérèse sowie für jeden Häretiker und für jeden Inquisitor, wie es auch für Hinz und für Kunz, für dich und für mich gilt. Die Annahme, es gebe Unterschiede, was die Nähe des je Fürwahrgehaltenen zur Wahrheit betrifft, erachte ich nicht ganz für abwegig; wohl aber halte ich es für intellektuell unzulässig, in dieser Frage dezidierte Urteile zu fällen.

Vor diesem Hintergrund erscheinen mir alle ausgeklügelten Systeme dessen, was zu glauben sei, wie ein müßiges gedankliches Spiel mit der Wahrheit und deren Surrogaten. Alle Theologien, die sich über ihren Dienst als Poetik (nämlich als Beschreibung, Hermeneutik und Kritik vorhandener Bilder) erheben und aus sich heraus das Göttliche und den göttlichen Willen und Gottes Wirken definieren und erklären, halte ich für anmaßend und sind für mich unmaßgeblich.

Sofern in meiner Beziehung zu Gott Anschauung und Begriff involviert sind, weiß ich um die Unbeholfenheit, das Vorläufige, die Hilfsfunktion dieser Bilder. Ich hüte mich davor, diese Anschauungen und Begriffe an die Stelle Gottes zu setzen; denn ich glaube, dass er mir dann aus dem Sinn käme.